Kirchlich geprägte Vorstellungen und Handlungen können eine Orientierungshilfe sein, sind aber keine Bedingung, um eine würdige Trauerfeier durchzuführen. Im Tod fällt der verstorbene Mensch aus allen Glaubensvorstellungen heraus in die Mitte der Herzen seiner Nächsten. In dieser Herzensmitte befindet sich die Schwingtür zwischen Himmel und Erde. Das Herz geht auf und der innere Himmel entwölkt sich. Dieses Ereignis steht für sich selbst und hoch über allen Religionen.
Ich verwende Begriffe und Bilder, die für die Angehörigen stimmen und zum Denken und Fühlen des verstorbenen Menschen passen.
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Die Zeremonie soll ein Gefäss bilden, das die tiefsten Gefühle fassen und das Wesentliche und Wahre halten kann.
So lege ich Wert auf einen klaren Ablauf und eine sinnvolle Gestaltung der Feier. Die Angehörigen können mit mir alles vorbesprechen, sich beraten lassen, eigene Ideen und Wünsche einbringen, sie können das Gestalterische auch ganz in meine Hände legen und sich von meiner langjährigen Erfahrung getragen wissen.
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Ich meide alles Kitschige und Frömmlerische ebenso wie alles Kopflastige, Intellektuelle.
Der verstorbene Mensch steht im Zentrum. Sein vielschichtiges Leben soll aufscheinen, die Spuren, die er zurücklässt, sollen kenntlich werden in den Herzen der Anwesenden.
Dabei gehe ich von seinem spürbaren Vorhandenbleiben aus, beziehe seine „Anwesenheit“ ebenso selbstverständlich ein wie den Schmerz der Menschen, die um ihn trauern.
Ich vermeide Begriffe, die "kontaminiert" sind und daher möglicherweise unerwünschte Gefühle und feste Vorstellungen oder Meinungen auslösen (wie etwa das Wort "Gott"). Stattdessen gebrauche ich Begriffe und Bilder, die entweder vom verstorbenen Menschen selbst verwendet oder von den Angehörigen während des Gesprächs gefunden wurden.
Ich zitiere sehr gerne den verstorbenen Menschen, sein Gesagtes oder Aufgeschriebenes, oder die Worte der Angehörigen, die während des Gesprächs gefallen oder von ihnen schriftlich verfasst worden sind.
Als Schriftsteller habe ich ein Gefühl für die Rhythmen und Räume der Worte und es fällt mir leicht, die jeweils passenden Sprachbilder und aussagekräftigsten Metaphern zu finden.
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Wenn ein Kind stirbt, gehen alle Himmelstüren auf. Licht fällt auf die Erde, und die Eltern können es fühlen:
Unser Kind wird nie aufhören, unser Kind zu sein.
Und das Kind wird nie aufhören, seinen Eltern dankbar zu sein dafür, dass sie es empfangen, geliebt und unter Schmerzen wieder losgelassen haben. Es bleibt unverloren und nahe bei seinen Eltern und Geschwistern, begleitet sie durchs Leben und freut sich auf ein Wiedersehen mit ihnen. Dies wird in der Zeremonie ergreifend spürbar – und es zeigt sich, dass das Allerschlimmste mit dem Allerschönsten eng verbunden ist.
VERWANDLUNG
Was sterblich war am Menschen - es entschwindet,
damit sein Wesentliches aufgeht wie ein Keim
und durch die Gunst des Todes hin zur Blüte findet.
Das Ferne darf sich wandeln ins Daheim,
das irdisch Eingeschränkte wird unendlich weit
und an die Zeit Gebundenes darf ewig dauern.
Die Früchte aller Tage sind bereit,
um in den Himmelsgarten jenseits unsrer Mauern
hinaufzufallen, so dass dieser reicher werde.
Die Liebe legt den Grund für unser Trauern
und wie die Sonne scheint sie nicht von dieser Erde.
Im Licht der Liebe werden Wiedersehensträume
zur Herzenskraft, die Dunkles überwindet,
zum festen Band, das längs durch alle Weltenräume
uns immer an die Fortgegang'nen bindet.
Jan Lurvink